Das Problem: In Deutschland dürfen viele Funktionen einer Ring-Türkamera nicht ohne Weiteres genutzt werden. Das gilt vor allem für Zusatzfunktionen, Nutzer:innen können sich sogar strafbar machen.
Kameras zeichnen Bild und Ton auf
In der Werbung von Ring sieht alles ganz einfach aus. Videotürklingel kaufen, aufhängen und in der App einrichten. Informationen darüber, in welcher Form ihre Nutzung erlaubt ist, finden sich aber weder in den FAQ auf der Webseite, noch liegen sie dem Produkt bei.
Die Kameras können Bilder in HD-Qualität aufnehmen. Unter anderem die Speicherung von Videos für 30 Tage lässt sich Ring als besondere „Protect-Funktionen“ bezahlen. Nutzer:innen zahlen hierfür zwischen drei und zehn Euro im Monat. Mit dem Abonnement werden, so wirbt das Unternehmen, „alle Ihre Ereignisse aufgezeichnet, damit Sie sie jederzeit einsehen können.“
Bei der ersten Einrichtung können Nutzer:innen die Protect-Funktionen automatisch kostenlos testen. Wenn jemand an der Tür klingelt oder der eingebaute Bewegungsmelder ausgelöst wird, sind Videoaufnahmen dann automatisch im Benutzeraccount abrufbar.
Heimliche Aufnahmen sind strafbar
Gespeichert werden dabei nicht nur Bilder, sondern auch Tonaufnahmen. Gespräche von Besucher:innen vor der Haustür schneidet eine Kamera von Ring somit standardmäßig mit. Die Betroffen bekommen davon nichts mit.
Wer eine Kamera in dieser Form betreibt, kann sich strafbar machen:
Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt
1. das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt oder
2. eine so hergestellte Aufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht.
§ 201 Abs. 1 StGB
Damit ist die Aufnahmefunktion einer Ring-Türkamera, wenn sie Ton umfasst, in Deutschland grundsätzlich nicht erlaubt. Denn ein Gespräch an der Haustür ist nicht öffentlich und niemand muss damit rechnen, dass es aufgezeichnet wird. Erst Recht gilt das für Aufnahmen, die durch den Bewegungssensor ausgelöst werden.
Besonders problematisch ist, dass Ring die Aufnahmefunktion als einen besonderen Vorteil verkauft. Nutzer:innen bezahlen gerade monatlich Geld für eine Funktion, die sie ohne das Wissen der Betroffenen nicht nutzen dürfen.
Ring-Türkamera: Neugier als Geschäftsmodell
Es braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass aber gerade das Aufzeichnen von Gesprächen für viele Menschen ein Argument für den Kauf sein könnte.
Zwar wirbt Ring mit Privatsphäre. Auf der Webseite heißt es: “Wir bei Ring stellen die Privatsphäre und die Sicherheit unserer Kunden stets in den Mittelpunkt jeder Handlung.” Und tatsächlich ist es durchaus möglich, einige Einstellungen zu treffen, um weniger Daten aufzunehmen. So ist es beispielsweise möglich, bestimmte Bereiche zu definieren, die nicht von der Kamera aufgenommen werden sollen oder die Aufnahme zu unterbinden.
Die Wahrheit aber ist: Ring lässt seine Kund:innen in ziemlich alleine. Aus meiner Sicht ist das gerade ein Teil des Geschäftsmodells. Natürlich macht es das Produkt interessant, wenn ich alles sehen und aufnehmen kann. Wir alle sind neugierig und Ring nutzt diese Neugier aus – ohne klar und deutlich auf die Konsequenzen hinzuweisen.
Nur eigenes Gelände darf gefilmt werden
Erlaubt ist eine Videoüberwachung grundsätzlich nur, wenn das eigene Grundstück gefilmt wird. Reichen die Aufnahmen über den persönlichen oder familiären Bereich hinaus, beispielsweise weil die Straße oder ein Grundstück des Nachbarn von der Kamera gefilmt wird, gilt die Datenschutz- Grundverordnung. In aller Regel ist der Betrieb einer Kamera unzulässig, wenn diese (auch) öffentlich zugängliche Bereiche erfasst.
Die Gerichte haben bereits mehrfach entschieden, dass Kameras auf Gemeinschaftsflächen in Mehrfamilienhäusern, zum Beispiel Treppenhaus, Keller oder Hof, nicht betrieben werden dürfen (LG Essen Urteil vom 30.1.2019 – 12 O 62/18; AG Köln, Urteil vom 22.09.2021 – 210 C 24/21). Denn durch diese können eine Vielzahl von Informationen über die Betroffenen, ihre Familienmitglieder, Freunde und Besucher gewonnen werden. Dies beeinträchtigt die Betroffenen erheblich in ihren Persönlichkeitsrechten.
Wer von einer Videoüberwachung betroffen ist, hat gegenüber den Betreiber:innen einen Unterlassungsanspruch. Nachbar:innen oder Mieter:innen können auch gerichtlich durchsetzen, dass Kameras wieder abgebaut werden müssen. Übrigens muss sich niemand auf die Behauptung verlassen, dass keine Videos aufgenommen werden. Denn es macht keinen Unterschied, ob es sich um eine „echte“ Kamera handelt oder um eine Attrappe. Schon der Umstand, dass der Anschein erweckt wird, dass Bilder aufgenommen werden, löst einen unzulässigen Überwachungsdruck aus.
Fazit: Nutzung von Ring birgt rechtliche Risiken
Die Nutzung einer Ring-Türkamera ist rechtlich weitaus weniger unkritisch, als die Werbung suggeriert. Da lächelt der Paketbote fröhlich in die Kamera und freut sich offenbar, dass er gefilmt wird. Das Unternehmen Ring preist kostenpflichtige Funktionen an und nimmt dabei offenbar in Kauf, dass Nutzer:innen sich strafbar machen.
Sicher, es gibt die Möglichkeit, die Einstellungen für die Privatsphäre richtig zu setzen, aber Ring tut viel zu wenig, um Nutzer:innen über die Rechtslage aufzuklären. Wenn das Unternehmen seinen Nutzer:innen detaillierte Informationen zur Rechtslage in Deutschland bereitstellt, so sind sie jedenfalls nicht leicht zu finden.
Abgesehen davon: Eine vernetzte Kamera im Haus ist immer ein Sicherheitsrisiko. Jedes mit dem Internet verbundene Gerät kann gehackt werden. Wenn Angreifer private Videos oder Gespräche erlangen und z.B. im Internet veröffentlichen, ist der Schaden groß. Mir jedenfalls würde keine Überwachungstechnik in die eigenen vier Wände kommen.
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