Schadensersatz wegen Foto- und Videoaufnahmen

Foto- und Videoaufnahmen von Personen dürfen im Internet nicht einfach veröffentlicht werden. Wer sich daran nicht hält, kann schnell Probleme bekommen. Unter Umständen können die Betroffenen sogar eine Entschädigung verlangen. Wann dies der Fall ist und wie Sie am besten vorgehen, wenn Bilder von Ihnen im Netz genutzt werden, erläutern wir Ihnen in diesem Beitrag.

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Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Wann ist die Veröffentlichung von Personen erlaubt?

Jede Person hat ein Recht am eigenen Bild. Auch in sozialen Netzwerken wie Instagram oder TikTok dürfen daher Fotos und Videos im Grundsatz nur dann veröffentlicht werden, die Betroffenen ausdrücklich eingewilligt haben.

Auch in § 22 Abs. 1 des Kunsturhebergesetzes (KUG) heißt es ausdrücklich:

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.

Voraussetzung für ein „Bildnis“ und damit für die Einwilligungspflicht ist, dass eine Person erkennbar abgebildet ist. Dies ist ohne Weiteres der Fall, wenn die Gesichtszüge abgebildet sind. Es genügt aber auch, wenn die abgebildete Person durch anderweitige Merkmale erkennbar ist, selbst wenn das Gesicht nicht abgebildet wird.

Intimaufnahmen
Bei Aufnahmen, die den Intimbereich zeigen oder die einen sexuellen Inhalt haben, muss die betroffene Person auch dann eingewilligt haben, wenn sie nicht zu erkennen ist.

Einwilligungsbedürftig sind grundsätzlich auch Fotomontagen und Memes. Diese können gegebenenfalls durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gerechtfertigt sein, vor allem wenn es um eine Diskussion von öffentlichem Interesse geht (z.B. weil es sich um ein Bildnis der Zeitgeschichte handelt).

Einwilligung in Foto- und Videoaufnahmen

Eine solche Einwilligung ist formfrei möglich, sodass es genügt, dass die abgebildete Person mündlich zugestimmt hat. Sinnvoll ist es aber, die Einwilligung zu dokumentieren, z.B. durch ein Model Release.

Model Release
In einem Model Release erteilt die abgebildete Person ihre Erlaubnis, dass Foto- und Videoaufnahmen genutzt werden dürfen. Zumeist werden in einem Vertrag auch weitere Regelungen getroffen, z.B. ob das Model ein Entgelt erhalten soll.

Die Einwilligung muss informiert sein. Die abgebildete Person sollte daher unbedingt über die beabsichtigte Nutzung von Aufnahmen informiert werden. Beispielsweise sollte deutlich gemacht werden, wenn eine Veröffentlichung im Internet geplant ist.

Zudem ist die Einwilligung freiwillig zu erteilen. Es ist daher nicht zulässig, eine Drucksituation auszunutzen. Vor allem bei einer Überrumpelung der betroffenen Person kann es sein, dass die Einwilligung unwirksam ist.

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Können Minderjährige eine Einwilligung erteilen?

Die betroffene Person muss die Auswirkung ihrer Zustimmung abschätzen können. Ist das Model jünger als 14 Jahre, müssen in der Regel die Erziehungsberechtigten zustimmen.

Wichtig zu wissen ist in diesem Zusammenhang, dass die Einwilligung eines Elternteils nicht ausreichend ist, wenn mehr als eine Person das Sorgerecht ausüben.

Bei Jugendlichen ab 14 Jahren kommt es darauf an, ob sie in der Lage sind, die Folgen einer Einwilligung zu beurteilen. Das macht es natürlich in der Praxis schwierig, denn Sie können gar nicht ersehen, ob Jugendliche „reif genug“ sind oder nicht. Aus diesem Grunde sollten Sie im Zweifel auch die Einwilligung der Erziehungsberechtigten einholen.

Wann ist keine Einwilligung erforderlich?

Wäre die Abbildung einer Person immer von einer Einwilligung abhängig, könnte die abgebildete Person jede Veröffentlichung untersagen, selbst wenn das Bild für die öffentliche Debatte relevant ist. Deshalb nennt § 23 KUG verschiedene Situationen, in denen Bildnisse auch ohne Zustimmung veröffentlicht werden dürfen.

Ausnahmen von der Einwilligungspflicht

  • Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG)
  • Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG)
  • Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG)
  • Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient (§ 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG)

Der Begriff der Zeitgeschichte betrifft alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse. Je höher der Informationswert für die Öffentlichkeit, desto eher tritt das Schutzinteresse der Person zurück. Dies gilt aber auch umgekehrt: Je geringer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto stärker tritt das Schutzinteresse der betroffenen Person in den Vordergrund.

Konkret bedeutet das: Ein Foto von einer Politikerin, die sich bei einer Wahlkampfveranstaltung einen Fehltritt leistet, darf veröffentlicht werden, aber in der Tendenz aber eher nicht ein Bild, das sie bei einem Spaziergang im Park zeigt. Es kommt hier immer auf den Einzelfall an.

Kriterien für die Beurteilung können sein:

  • der Bekanntheitsgrad der betroffenen Person
  • der inhaltliche und zeitliche Kontext der Bildnisveröffentlichung zu einer sonstigen Berichterstattung
  • ob die abgebildete Person sich selbst in die Öffentlichkeit begeben hat oder eher privat war
  • welche negativen Auswirkungen die Veröffentlichung auf die betroffene Person hat

Wenn Personen nur Beiwerk sind, also nicht im Zentrum eines Fotos stehen, ist ihr Persönlichkeitsrecht nur in geringem Umfang betroffen. Würde man fordern, dass trotzdem eine Einwilligung eingeholt werden muss, wären Aufnahmen von Landschaften oder in Städten oft nicht möglich.

Gleiches gilt für öffentliche Vorgänge wie Versammlungen oder ähnliche Vorgänge, worunter auch Nachbarschaftsfeste, Fußballspiele und vergleichbare Zusammenkünfte fallen. Hier ist es Fotograf:innen wegen der Menge an abgebildeten Personen vielfach praktisch nicht möglich, alle Betroffenen um Erlaubnis zu fragen.

Entscheidend ist aber, dass der Charakter der Veranstaltung im Vordergrund steht. Nicht erlaubt wäre es daher, Portraitaufnahmen anzufertigen oder einzelne Personen durch eine Vergößerung des Ausschnitts abzubilden.

Das höhere Interesse der Kunst schützt anderweitige Veröffentlichungen, die im Sinne der Meinungs- und Kunstfreiheit möglich sein müssen, z.B. satirische Bildmontagen. Auch hier kommt es am Ende auf die Abwägung der unterschiedlichen Interessen an.

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Strafbare Aufnahmen

Schon die Aufnahme mancher Bilder kann strafbar sein. So schützt § 201a StGB den höchstpersönlichen Lebensbereich, z.B. die Wohnung oder Toilettenräume, vor unbefugten Foto- und Videoaufnahmen. Auch Aufnahmen von Verletzten durch „Gaffervideos“ können strafbar sein (LG Bonn, Beschluss vom 13.7.2021 – 50 Qs-410 Js 78/21-18/21).

Folgerichtig ist auch die Verbreitung solcher Aufnahmen strafrechtlich sanktioniert. So hat das OLG Koblenz entschieden, dass die Verlinkung von Aufnahmen, auf denen verletzte Polizisten zur Schau gestellt werden, strafbar ist (OLG Koblenz, Beschluss vom 24.10.2022 – 1 OLG 4 Ss 105/22).

Verboten ist nach § 184k StGB ferner, ohne Wissen und Wollen einer anderen Person Aufnahmen vom Intimbereich zu machen, z.B. indem unter den Rock gefilmt wird (sog. Upskirting).

Die Veröffentlichung von Aufnahmen, bei denen eine Einwilligung nicht eingeholt wurde, obwohl sie erforderlich war, ist wiederum durch § 33 KUG strafbewehrt.

Schadensersatz wegen Foto- und Videoaufnahmen

Bei einer rechtswidrigen Veröffentlichung von Aufnahmen kann die betroffene Person verlangen, dass ihr sämtliche Schäden ersetzt werden, die ihr entstanden sind. Dies betrifft vor allem Rechtsanwaltskosten, die angefallen sind, um die Veröffentlichung zu unterbinden.

Ein „Schmerzensgeld“, in Juristendeutsch: „Geldentschädigung“, kommt allerdings nur in Betracht, wenn die Veröffentlichung eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt.

Beispiele, in denen eine Geldentschädigung in Betracht kommt:

  • Entstellende Aufnahmen
  • Anprangernde Berichterstattung über (angebliche) Straftaten
  • Nacktaufnahmen und Sexvideos
  • Werbliche Nutzung von Aufnahmen

Geldentschädigung: So entscheiden die Gerichte

PersönlichkeitsverletzungGeldentschädigungGericht
Verwendung eines Prominentenbildnisses als „Clickbait“20.000,00 €BGH, Urt. v. 21.01.2021, I ZR 120/19.
Unbefugtes Einstellen intimer Aufnahmen mit Namen und Anschrift des ehemaligen Ehepartners auf einer weltweit abrufbaren Internettauschbörse.23.000,00 €LG Kiel, Urt. v. 27.04.2006 – 4 O 251/05.
Aufnahme eines 17-jährigen in eindeutiger Paarungsstellung mit einer Partnerin auf einem Bett für eine so genante Foto-Love-Story5.000,00 €LG München I, Urt. v. 18.12.2003 – 7 O 15358/03
Pornographische Fotomontagen im Internet15.000,00 €OLG Oldenburg, Urt. v. 11.08.2015 – 13 U 25/15.
Weitergabe von sog. „Sexting-Fotos“ unter Minderjährigen1.000,00 €AG Charlottenburg, Urt. v. 15.01.2015 – 239 C 225/14.
Verwendung eines Videos in NPD-Wahlkampfspot1.000,00 €AG Schwerin, Urt. v. 30.11.2012 – 14 C 424/11

Was tun bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen?

Im Falle einer Rechtsverletzung geht es zunächst darum, die weitere Verbreitung zu unterbinden. Das Vorgehen hängt unter anderem davon ab, ob die Person bekannt ist, die eine Aufnahme angefertigt oder veröffentlicht hat.

Vorgehen bei anonymen Täter:innen
Oftmals scheint es auf den ersten Blick schwierig, die verantwortlichen Personen zu identifizieren. Das ist aber nicht immer so: Im Internet hinterlässt jede:r Spuren, sodass uns bereits in einigen Fällen gelungen ist, die Täter:innen dingfest zu machen. Zudem ist es oftmals möglich, die Verbreitung über Dritte wie z.B. Social-Media-Plattformen wie YouTube, Instagram und TikTok oder über den Hoster zu unterbinden.

Neben der Unterlassung, die gerichtlich auch mittels eines Eilverfahrens durchgesetzt werden kann, ist eine Geldentschädigung ein effektives Mittel, um Persönlichkeitsrechtsverletzungen auszugleichen. Wichtig ist aber, bereits frühzeitig Beweismittel zu sichern und zugleich effektiv vorzugehen.

Sie sind online von einer schweren Persönlichkeitsverletzung betroffen? Dann unterstützen wir Sie in Ihrem Fall. Schreiben Sie uns oder rufen Sie uns an.

Dieser Beitrag wurde unter Mitarbeit von Rechtsreferendar Marvin Hubig verfasst.

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