Sind die mitgeteilten Umstände für den Betroffenen negativ, ist aber genau zu prüfen, ob der Name genannt werden darf oder eine Anonymisierung erforderlich ist. Welche Grundsätze dabei zu beachten sind, lesen Sie in diesem Beitrag.
- 1. Nennung des Namens: Was ist mit dem Datenschutz?
- 2. Abwägung der widerstreitenden Interessen
- 3. Werden wahre Tatsachen behauptet?
- 4. Was gilt, wenn nur ein Verdacht vorliegt?
- 5. Berichte aus der Sozialsphäre weniger schutzwürdig
- 6. Verhältnismäßigkeit der Namensnennung
- 7. Fazit: Sorgsame Abwägung erforderlich
Nennung des Namens: Was ist mit dem Datenschutz?
Jeder Mensch hat das Recht, zu entscheiden, wo seine personenbezogenen Daten gespeichert werden. Das gilt auch (und ganz besonders) für den eigenen Namen. Wird der Name in einer Berichterstattung genannt, handelt es sich um eine Datenverarbeitung, die nicht unbegrenzt zulässig ist.
Das Interesse an einer Veröffentlichung des Namens und das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen an seiner Anonymität stehen einander gegenüber. Diese beiden Interessen sind rechtlich geschützt.
Das bedeutet: Das Recht des Betroffenen auf Anonymität ist nicht automatisch vorrangig.
Abwägung der widerstreitenden Interessen
Der Betroffene kann aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) bzw. Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) eine Achtung seiner Persönlichkeit beanspruchen. Das Bundesverfassungsgericht spricht in diesem Zusammenhang von einem „sozialen Geltungsanspruch“. Die Medien hingegen können sich auf die Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG bzw. Art. 10 EMRK berufen.
Die verantwortlichen Journalisten müssen daher abwägen, welches Interesse überwiegt. Sie müssen sich daher fragen: Welche Umstände sprechen in diesem Fall für eine Namensnennung und welche stehen ihr entgegen?
DSGVO auf die Presse nur teilweise anwendbar
Die Datenschutz-Grundverordnung kommt einem sofort in den Sinn, wenn es um Datenschutz geht. Sie ist auf Presseveröffentlichungen aber nicht uneingeschränkt anwendbar. Nach Art. 85 DSGVO haben die Pressegesetze der Länder (für Print) und der Medienstaatsvertrag (für Onlineveröffentlichungen) weitgehende Ausnahmen festgelegt, um die Pressefreiheit und u.a. den Quellenschutz zu wahren.
Ausgangspunkt der Abwägung ist, ob die Veröffentlichung einen Beitrag zur öffentlichen Diskussion liefert und wie stark das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen beeinträchtigt wird.
Zwei Beispiele:
- Ein Politiker wird wegen eines Korruptionsverdachts namentlich genannt: Hohes öffentliches Interesse, aber zugleich hohe Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts.
- Ein Lehrer wird in einem Artikel über ein Schulprojekt erwähnt: Geringeres öffentliches Interesse, aber zugleich eher geringe Beeinträchtigung des Betroffenen.
Die Rechtsprechung hat in der Vergangenheit anhand einer Vielzahl von Fällen herausgearbeitet, wann eine Namensnennung tendenziell zulässig ist.
Werden wahre Tatsachen behauptet?
Welche Berichterstattung der Betroffene über seine Person hinnehmen muss, ist abhängig davon, ob die über ihn aufgestellten Behauptungen wahr sind. Während Unwahrheiten grundsätzlich nicht verbreitet werden dürfen, sind wahre Tatsachenbehauptungen in der Regel zulässig.
Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen:
- Tatsachenbehauptungen sind dem Beweis zugänglich. Ob beispielsweise eine Handlung begangen wurde oder nicht, kann durch Zeugen, Dokumente usw. belegt werden.
- Meinungsäußerungen sind hingegen durch Elemente der Stellungnahme geprägt. Die Äußerung, dass etwas „schön“ ist kann nicht bewiesen werden. Schwierigkeiten bestehen dann, wenn sich tatsächliche und wertende Elemente vermischen, etwa bei der Bezeichnung einer Person als „Rassist“. In diesem Falle liegt eine Meinungsäußerung vor.
Journalisten müssen ihre Berichterstattung daher zunächst darauf überprüfen, ob die mitgeteilten Tatsachen wahr sind. Dabei obliegt ihnen im Fall eines Gerichtsprozesses die Beweislast. Sie müssen also nachweisen, dass ihre Darstellung korrekt ist.
Was gilt, wenn nur ein Verdacht vorliegt?
Nicht immer sind mitgeteilte Tatsachen aber eindeutig wahr, oft liegt nur ein Verdacht vor. Journalisten berichten regelmäßig nicht über Sachverhalte, bei denen sie dabei waren. Skandale, Affären oder Auseinandersetzungen – die Medien müssen die Wahrheit recherchieren.
Wirkt sich ein Verdacht schwerwiegend auf den Betroffenen aus (z.B. weil es um eine Straftat geht), darf eine Berichterstattung nur erfolgen, wenn die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung eingehalten werden.
- Es muss ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung vorliegen, dies ist beispielsweise bei Verfehlungen von Prominenten oder besonders außergewöhnlichen Taten der Fall.
- Ein Mindestbestand an Beweistatsachen muss für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen.
- Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, sie muss ausgewogen sein und deshalb insbesondere entlastende Umstände nennen.
- Vor der Veröffentlichung ist regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen.
Berichte aus der Sozialsphäre weniger schutzwürdig
Handelt es sich bei der Äußerung um eine wahre Tatsachenbehauptung, ist zu fragen, wie stark das Persönlichkeitsrecht durch ihre Veröffentlichung berührt wird.
Mitteilungen über die Privat- oder Intimsphäre sprechen gegen eine Identifizierung des Betroffenen.
Anders hingegen bei Vorgängen aus der Sozialsphäre, wenn sich der Betroffene also in der Öffentlichkeit bewegt hat. Der Einzelne ist in Bezug auf sein berufliches oder politisches Handlungen weniger schutzwürdig, als wenn es um sein Familienleben geht. Im politischen Bereich reicht beispielsweise bereits die Übernahme einer Funktion in einer politischen Gruppierung aus, um diese Tätigkeit der Sozialsphäre zuzuordnen. Das gilt sogar dann, wenn der Betroffene dabei nicht öffentlichkeitswirksam aufgetreten ist.
Verhältnismäßigkeit der Namensnennung
Schließlich muss die Namensnennung insgesamt verhältnismäßig sein. Die mit der Berichterstattung verbundenen Belastungen des Betroffenen dürfen nicht außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit stehen.
Die Rechtsprechung nimmt eine Unverhältnismäßigkeit bei Mitteilungen aus der Sozialsphäre an, wenn diese schwerwiegende Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht haben, beispielsweise weil Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder eine Prangerwirkung drohen. Liegt ein beanstandungswürdiges Verhalten lange zurück, kann das ein Umstand sein, der eine Stigmatisierung oder soziale Ausgrenzung weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.
Fazit: Sorgsame Abwägung erforderlich
Eine Namensnennung darf nur unter strengen Voraussetzungen erfolgen. Daher sollten Journalisten sorgsam abwägen, wenn sie Tatsachen verbreiten, die für den Betroffenen abträglich sind. Als Hilfe für die Praxis kann die nachfolgende Checkliste dienen:
Checkliste: Namensnennung in Presseartikeln
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Sind die behaupteten Tatsachen nachweislich wahr?
Nach § 186 StGB muss der Äußernde die Wahrheit im Streitfall beweisen. Daher sollten nur nachweisbare Tatsachen öffentlich geäußert werden.
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Wie stark ist die Privatsphäre berührt?
Handelt es sich um Tatsachen aus der Sozialsphäre oder der Privat-/Intimsphäre?
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Wird über einen Verdacht berichtet?
In diesem Fall kann es sein, dass die Medien die strengen Grundsätze der Verdachtsberichterstattung einhalten müssen.
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