Wann ist vergleichende Werbung erlaubt?

Sie sind besser als die Konkurrenz und wollen es auch zeigen? Dann liegt es nahe, Ihre Leistungen mit denen von anderen zu vergleichen. Aber Vorsicht: Das Wettbewerbsrecht setzt hier Grenzen. Wann vergleichende Werbung erlaubt ist und was Sie beachten müssen, lesen Sie in diesem Beitrag.

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Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Was ist vergleichende Werbung?

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) definiert den Begriff der vergleichenden Werbung wie folgt:

Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht.

§ 6 Abs. 1 UWG

Vergleichende Werbung liegt also nur vor, wenn eine Werbung konkrete Mitbewerber oder deren Leistungen in Bezug nimmt. Allgemeine Vergleiche sind begrifflich hingegen nicht erfasst. Benennt eine Werbung also nur die eigenen Vorzüge, liegt darin zwar möglicherweise auch die Aussage, dass andere Mitbewerber:innen diese nicht bieten. Dies reicht aber nicht aus, um von vergleichender Werbung zu sprechen, solange nicht erkennbar ist, dass ein Vergleich zu einzelnen Unternehmen gezogen wird.

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Werbung

Das UWG geht von einem weiten Begriff der Werbung aus. Werbung ist jede Äußerung im Zusammenhang mit einer unternehmerischen Tätigkeit, die eine Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen bezweckt. Die Werbung muss sich dabei nicht auf ein bestimmtes Angebot beziehen. Es reicht aus, dass auf das Unternehmen hingewiesen wird. Denn auch Aufmerksamkeitswerbung oder die Imagepflege dienen letztlich der Absatzförderung.

Unerheblich ist, ob die Äußerung öffentlich verbreitet wird oder nur gegenüber einzelnen Personen. Entscheidend ist der werbliche Charakter, sodass Werbung auch dann vorliegt, wenn z.B. ein Mitarbeiter in einem Kundengespräch über eine Leistung des Unternehmens spricht oder ein individuelles Anschreiben an einen Kunden gerichtet wird.

Mitbewerber

§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG definiert, wer Mitbewerber ist. Mitbewerber ist hiernach jeder Unternehmer, „der mit einem oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Wettbewerb steht.“ Allerdings kann auf diese Regelung nicht zurückgegriffen werden. Der Grund hierfür ist, dass § 6 UWG auf einer europäischen Richtlinie beruht, die der nationalen Regelung vorgeht. Wer als Mitbewerber gilt, ist daher aus der Richtlinie abzuleiten.

Für den unionsrechtlichen Mitbewerberbegriff ist maßgeblich, dass das Wettbewerbsverhältnis durch einen gewissen Grad der Substituierbarkeit der von dem Werbenden und dem erkennbar gemachten Unternehmen angebotenen Produkte gekennzeichnet ist.

Mit anderen Worten: Es kommt darauf an, ob die angebotenen Waren oder Dienstleistungen aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise austauschbar sind. Nach der Rechtsprechung ist dies insbesondere der Fall, wenn Waren in gewisser Weise gleichen Bedürfnissen dienen können (BGH, Urteil vom 01.10.2009 – I ZR 134/07).

Beispiel

Eine Austauschbarkeit hat die Rechtsprechung bei einer Werbung der taz gegenüber der BILD-Zeitung angenommen, auch wenn sich beide Zeitungen grundsätzlich an unterschiedliche Arten von Lesern richten. Maßgeblich war, dass es sich um Tageszeitungen handelte (BGH, Urteil vom 01.10.2009 – I ZR 134/07).

Erkennbarkeit des Mitbewerbers

Vergleichende Werbung setzt voraus, dass der Werbende seine Mitbewerber:innen bzw. deren Produkte oder Dienstleistungen unmittelbar oder mittelbar erkennbar macht.

Eine unmittelbare Erkennbarkeit ist gegeben, wenn Unternehmen, Marken oder Produkte in der Werbung konkret benannt werden.

Schwieriger ist zu beurteilen, wenn die Werbung zwar nicht ausdrücklich, aber trotzdem erkennbar auf andere Bezug nimmt. Eine solche mittelbare Erkennbarkeit setzt voraus, dass sich einem nicht ganz unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise eine Bezugnahme auf bestimmte Mitbewerber oder deren Produkte „förmlich aufdrängt“. Dies kommt in Betracht, wenn der Markt sehr überschaubar ist oder die Werbung einen regionalen Bezug hat.

Auch ohne Erkennbarkeit – Achtung bei Werbung mit Spitzenstellung

Auch wenn Ihr Mitbewerber nicht erkennbar ist, müssen Sie aufpassen, wenn Sie mit einer Spitzenstellung, also zum Beispiel „Deutschlands schnellster Service“ werben.

So ist die Angabe „Bester Mobilfunk“ irreführend, wenn der Werbende bei einer Umfrage zwar den ersten Platz im Bereich Kundenservice, Marke und Tarife belegt hat, die Konkurrenz aber im Bereich „Netz“ gewonnen hat. Kund:innen könnten annehmen, „Bester Mobilfunk“ beziehe sich auch auf das Mobilfunknetz.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.02.2022 – 15 U 16/21

Beispiele für rechtswidrige vergleichende Werbung

  • Parfümvergleichslisten, auf denen „Ersatz“ (sog. Dupes) für teure Markenparfüms angeboten werden, selbst wenn diese nicht von den Anbietern selbst stammen – EuGH, Urteil vom 18. 6. 2009 – C-487/07 L’Oréal SA u.a./Bellure NV u.a., L’Oréal/Bellure
  • Werbung mit Testsiegervergleichen, soweit der Verkehr davon ausgeht, dass das identische Produkt unter identischen Maßstäben getestet wurde, liegt eine Irreführung vor, wenn auf die veränderten Bewertungsmaßstäbe der Stiftung Warentest nicht hingewiesen wurde. – OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 22.4.2021 – 6 W 26/21
  • Das Angebot gegenüber einem Kunden, bei den eigenen Produkten handele es sich um „dieselben oder die gleichen Produkte mit denselben chemischen Eigenschaften“ wie bei den Konkurrenzprodukten, kann sich als unlauterer Werbevergleich im Sinne des § 6 II Nr. 4 UWG und als unlautere Rufausbeutung im Sinne des § 4 Nr. 3 b UWG darstellen. – OLG Köln Urteil vom 18.6.2021 – 6 U 158/20
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Wann vergleichende Werbung erlaubt ist

Anders als noch vor der Jahrtausendwende, ist vergleichende Werbung im Grundsatz zulässig. Das Gesetz benennt in § 6 Abs. 2 UWG allerdings verschiedene Regelbeispiele für unlautere Werbung:

Fehlende Vergleichbarkeit der Ware oder Dienstleistung

Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht.

Kein Bezug auf objektives Merkmal der Ware oder Dienstleistung

Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist.

Vergleichende Werbung muss daher immer mindestens eine Eigenschaft oder den Preis gegenüberstellen, was eine Nachprüfbarkeit der Aussage voraussetzt. An einer Nachprüfbarkeit fehlt es bei „aus der Luft gegriffenen“ Gegenüberstellungen zu Werbezwecken ohne empirisches Fundament (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 10.08.2017 – 6 U 63/17).

Kein Vergleich von Eigenschaften liegt vor, wenn die Werbung nicht das Produkt betrifft, beispielsweise wenn der Umsatz zweier Unternehmen verglichen wird.

Verwechslungsgefahr

Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt.

Rufausnutzung oder Rufbeeinträchtigung

Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

Die Rechtsprechung hat eine Rufausbeutung angenommen bei der Produktbezeichnung „a la Cartier“. Denn hier signalisiert die Werbung dem Verbraucher, die angebotenen Erzeugnisse seien im Design mit der bekannten Bezeichnung „Cartier” vergleichbar. Der Vergleich von Markenwaren mit einem „no name“-Produkt ist für sich genommen nicht unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung unzulässig.

Eine Rufbeeinträchtigung ist die Herabsetzung oder Verunglimpfung eines Kennzeichens. Eine mit dem Vergleich notwendigerweise verbundene Rufbeeinträchtigung muss ein Mitbewerber allerdings hinnehmen.

Herabsetzung oder Verunglimpfung von Mitbewerbern

Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft.

Einen Mitbewerber als „Verlierer“ zu bezeichnen ist daher nicht erlaubt (OLG Hamburg, Urteil vom 12.07.2001 – 3 U 287/00). Unlautere Werbung liegt auch vor bei einem viralen Werbespot, bei der das Navigationsgerät „Lucca“ des Werbenden als intelligente Schülerin dargestellt, während der Konkurrent „TomTom“ durch dumme Zwillinge personifiziert wird (LG Köln, Urteil vom 29. 5. 2008 – 31 O 845/07).

Wo genau allerdings die Grenze zwischen „leiser Ironie und nicht hinnehmbarer Herabsetzung“ verläuft, ist nicht immer einfach zu bestimmen. Eine humorvolle oder ironische Anspielung auf einen Mitbewerber oder dessen Produkte in einem Werbevergleich stellt erst eine unzulässige Herabsetzung dar, wenn sie den Mitbewerber dem Spott oder der Lächerlichkeit preisgibt oder von den Adressaten der Werbung wörtlich und damit ernst genommen und daher als Abwertung verstanden wird (BGH, Urteil vom 24.01.2019 – I ZR 200/17). Auch vergleichende Werbung darf also lustig sein.

Imitation oder Nachahmung eines geschützten Kennzeichens

Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt.

Die Formulierung „ähnlich“ oder „wie“ kann dabei im Allgemeinen aber nicht schon als implizite Behauptung einer Imitation oder Nachahmung angesehen werden (BGH, Urteil vom 02.04.2015 – I ZR 167/13).

Die Regelbeispiele zeugen, dass vergleichende Werbung einem Minenfeld gleicht. Wenn Sie mit Vergleichen werben wollen, sollten Sie Ihre Werbemaßnahmen daher sorgfältig prüfen.

Mitbewerber können abmahnen

Eine vergleichende Werbung, die sich nicht an die Spielregeln hält, ist unzulässig und kann wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden. Mitbewerber können sowohl Unterlassung verlangen, als auch Schadensersatz und Erstattung von Rechtsanwaltskosten.

Im Falle einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung sollten Sie sich von Rechtsanwält:innen mit Erfahrung im gewerblichen Rechtsschutz vertreten lassen.

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