Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben / Health Claims

Ein leckerer Müsliriegel, der obendrein noch die Sehfähigkeit verbessert? Ein Pudding, der gegen Kopfschmerzen hilft? Sagen Sie jetzt nicht direkt, dass das Unsinn ist. Schließlich gibt es eine Vielzahl an Produkten auf dem Markt, die versprechen, Ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit deutlich zu verbessern (= sog. health claims) oder gar Krankheiten zu heilen. Aber ist die Werbung mit solchen Versprechungen überhaupt erlaubt?

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Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

„Nur“ Health Claim oder schon Heilversprechen?

Zunächst muss unterschieden werden, ob durch die Produkte nur eine Verbesserung des Wohlbefindens oder der Gesundheit erreicht werden soll, oder ob mit der Reduzierung eines Krankheitsrisikos oder der Verhinderung von Krankheiten geworben werden soll. Für letzteren Fall gelten sehr strenge Regelungen, da es sich dann um Heilprodukte handelt, die dem Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens unterfallen.

Welche Nährwertangaben wie verwendet werden dürfen

Die sogenannte Health Claims Verordnung der EU legt fest, wann welche Angaben gemacht werden dürfen. Dabei gilt sie für alle, die das Produkt in den Verkehr bringen, also nicht nur Herstellerinnen und Hersteller, sondern auch Händlerinnen und Händler. So ist zum Beispiel genau geregelt, wann man ein Produkt als zuckerfrei bezeichnen kann:

  • Zuckerfrei – Die Angabe, ein Lebensmittel sei zuckerfrei, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nur zulässig, wenn das Produkt nicht mehr als 0,5 g Zucker pro 100 g bzw. 100 ml enthält.
  • Hoher Proteingehalt – Die Angabe, ein Lebensmittel habe einen hohen Proteingehalt, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nur zulässig, wenn auf den Proteinanteil mindestens 20 % des gesamten Brennwerts des Lebensmittels entfallen.
  • Fettarm – Die Angabe, ein Lebensmittel sei fettarm, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nur zulässig, wenn das Produkt im Fall von festen Lebensmitteln weniger als 3 g Fett/100 g oder weniger als 1,5 g Fett/100 ml im Fall von flüssigen Lebensmitteln enthält (1,8 g Fett pro 100 ml bei teilentrahmter Milch).

Wissenschaftliche Absicherung von Angaben

Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben müssen sich nach Art. 6 der „Health-Claims-Verordnung“ (EU) 1924/2006 auf allgemein akzeptierte wissenschaftliche Erkenntnisse stützen und durch diese abgesichert sein.

Gesundheitsbezogene Angaben müssen genehmigt werden

Mit gesundheitsbezogenen Angaben im Sinne der Health Claims Verordnung (=HCVO) darf nur geworben werden, soweit dies ausdrücklich erlaubt ist. Hersteller und Herstellerinnen müssen ein Genehmigungsverfahren durchlaufen und entsprechende Studien zur Wirksamkeit einreichen, die dann überprüft werden. Wenn ein Claim einmal zugelassen wurde, wird er in ein EU-weites Register aufgenommen und kann verwendet werden, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.

Dabei ist gem. § 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO eine „gesundheitsbezogene Angabe“ jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht.

Aktivkohle – hilft sie wirklich?

So darf zum Beispiel mit dem Claim „Aktivkohle trägt zur Verringerung übermäßiger Blähungen nach dem Essen bei“ geworben werden, wenn das Lebensmittel 1 g Aktivkohle je angegebene Portion enthält. Damit die Angabe zulässig ist, sind die Verbraucher darüber zu unterrichten, dass sich die positive Wirkung einstellt, wenn je 1 g mindestens 30 Minuten vor bzw. kurz nach der Mahlzeit aufgenommen werden.

Wettbewerbsrechtliche Verstöße – Vernichtung und Rückruf drohen

Bei der HCVO handelt es sich um eine Marktverhaltensregel, sodass Verstöße dagegen nach dem UWG abmahnfähig sind. Mitbewerberinnen und Mitbewerber haben einen Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz.

Der Unterlassungsanspruch kann jedoch auch weitere enorme wirtschaftliche Folgen haben. Wenn zum Beispiel auf der Verpackung eines Produktes ein Verstoß gegen die HCVO  begangen wurde, werden Händlerinnen und Händler dieses nicht mehr weiterverkaufen können, auch nicht, wenn sie noch große Lagerbestände haben. Herstellerinnen und Hersteller müssen dann die Verpackung neu gestalten und das alte Produkt gegebenenfalls zurückrufen.

Insbesondere in solchen Situationen lohnt sich die Beauftragung eines Anwaltes oder einer Anwältin für gewerblichen Rechtsschutz, damit Übergangsfristen ausgehandelt werden können und der wirtschaftliche Schaden in Grenzen gehalten wird.

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