Schadensersatz wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung

Wenn Persönlichkeitsrechte verletzt werden, beispielsweise durch die Veröffentlichung privater Fotos oder Beleidigungen im Internet, werden wir oft gefragt: Muss die Gegenseite nun Schadensersatz zahlen? In diesem Grundlagenbeitrag geben wir die Antwort und erklären, welche Ansprüche Ihnen zustehen.

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Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Apps für Fehrnseher auf einem Tabelt

Es gibt eine Vielzahl von Persönlichkeitsrechtsverletzungen, die einen Schadensersatzanspruch nach sich ziehen können.

Zu nennen sind insbesondere

  • Hassnachrichten und Beleidigungen in sozialen Netzwerken
  • Die Veröffentlichung persönlicher Informationen (z.B. Fotos und Videos)
  • Identitätsdiebstahl

Persönlichkeitsrecht: Was tun bei Hass im Netz?

Hass im Netz ist eine der unschönen Erscheinungen, die das Internet mit sich gebracht hat. In einer Umfrage aus dem Jahr 2022 geben mehr als drei Viertel der Befragten (77 %) an, schon einmal Hatespeech bzw. Hasskommentaren im Internet begegnet zu sein. Es handelt sich also um ein Massenphänomen.

Gründe für Hassnachrichten oder andere Formen digitaler Belästigung gibt es viele. Nicht selten wollen sich Ex-Partner:innen oder Freund:innen rächen, aber auch Frust und Wut können sich in einer aufgeheizten Diskussion schnell entladen. Nicht zu unterschätzen sind auch koordinierte Kampagnen von Gruppen, die sich gegen einzelne Personen richten.

Vor allem Verleumdungen können schnell zu konkreten Schäden führen, beispielsweise wenn der Arbeitgeber die Kündigung ausspricht oder die Geschäftspartnerin die Beziehung abbricht. Daneben gibt es schwerwiegende Fälle, in denen es eine Form von „Schmerzensgeld“ braucht, um das Opfer angemessen zu entschädigen.

Schäden durch Identitätsdiebstahl

Die Verletzung der Privatsphäre durch die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten (sog. Doxing) bis hin zur Veröffentlichung von Nacktbildern oder Sexvideos ist ebenfalls keine Seltenheit. Wir haben mehrere Frauen vertreten, die gegen Stalker oder Ex-Freunde vorgehen mussten, weil diese Fake-Profile angelegt oder intime Fotos veröffentlicht hatten.

Nicht zuletzt kommt es immer wieder zum Missbrauch von Daten, z. B. durch Identitätsdiebstahl. Die Betroffenen sich dann mitunter mit hohen Forderungen von Unternehmen konfrontiert. Mitunter geht es um mehrere zehntausend Euro.

Wie ist das Persönlichkeitsrecht geschützt?

Die gute Nachricht: Das Internet war nie ein „rechtsfreier Raum“. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt auch online vor

  • Bleidigungen, übler Nachrede und Verleumdungen,
  • der Veröffentlichung privater Fotos, Videos und Dokumente,
  • einem Missbrauch des eigenen Namens (z.B. zu Werbezwecken),
  • der unerlaubten Verarbeitung personenbezogener Daten.

Ob eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, ist aber nicht immer leicht zu beurteilen. Das gilt zum einen für die Frage, ob eine bestimmte Person überhaupt betroffen ist. Zum anderen bedarf es oftmals einer komplizierten Abwägung mit anderen Grundrechten, insbesondere der Meinungsfreiheit.

Wann ist das Persönlichkeitsrecht betroffen?

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann nur dann verletzt sein, wenn sich eine Handlung auf eine einzelne Person bezieht. Ein solcher Personenbezug liegt dann nicht vor, wenn z. B. eine Äußerung auf eine Vielzahl von Personen zutreffen könnte.

Beispiel:

Eine Äußerung, die eine Bevölkerungsgruppe betrifft (z. B. Frauen/Männer, Kinder, Studierende …) verletzt nicht das Persönlichkeitsrecht jeder Person, die dieser Gruppe angehört. Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn die äußeren Umstände ergeben, dass eigentlich nur eine Person gemeint war.

Bei einer Anonymisierung liegt ebenfalls kein Personenbezug vor. An einer solchen fehlt es aber, wenn für das nähere Umfeld einer Person erkennbar ist, um wen es sich handelt.

Beispiel:

„Ein Anwalt aus Düsseldorf“: Diese Aussage kann auf eine Vielzahl von Personen zutreffen. Anders hingegen, wenn einige wenige zusätzliche Informationen mitgeteilt werden: „Ein 34-jähriger Anwalt aus Düsseldorf-Carlstadt“.

Fehlt es bereits an einem Personenbezug, kommt ein Anspruch auf Schadensersatz nicht in Betracht.

Welche Handlungen führen zu Schadensersatz?

Eine Verpflichtung zum Schadensersatz besteht nur, wenn rechtswidrig in das Persönlichkeitsrecht eingegriffen wurde.

Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht liegt vor, wenn die freie Entfaltung der betroffenen Person beschnitten wird. Rechtswidrig ist dies aber nur dann, wenn sich die handelnde Person nicht ihrerseits auf Grundrechte berufen kann.

Beispielsweise kann eine (scharfe) Kritik an einer Person erlaubt sein, wenn sie von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Grundsätzlich gilt, dass Unwahrheiten genauso wie Formalbeleidigungen nicht erlaubt sind. Auch Falschzitate oder verzerrende Darstellungen beeinträchtigen das Persönlichkeitsrecht. Demgegenüber werden wahre Tatsachenbehauptungen aus der Sozialsphäre im Zweifelsfall hinzunehmen sein.

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Die Verbreitung von Fotos und Videos ist nur mit Erlaubnis der abgebildeten Person zulässig (§ 22 KUG – Recht am eigenen Bild). Ausnahmen gelten aber für bestimmte Aufnahmen, z. B. von öffentlichen Veranstaltungen oder Bildnissen der Zeitgeschichte (lesen Sie dazu unseren Blogbeitrag „Recht am eigenen Bild: Wann ist es verletzt?“).

Auch Tonaufnahmen oder die wortgetreue Wiedergabe von vertraulichen Gesprächen sind nur mit einer Einwilligung der Betroffenen erlaubt. Das Recht am eigenen Wort schützt vor einer Verbreitung von Zitaten aus dem Bereich der Privatsphäre. Gleiches gilt für interne Dokumente oder andere private Inhalte.

Die öffentliche Verbreitung privater Informationen wie Adresse, E-Mail-Adresse oder Telefonnummer ist in der Regel ebenfalls unzulässig.

Rechtswidrig sind Handlungen nur dann, wenn nach einer umfassenden Abwägung der unterschiedlichen Positionen das Persönlichkeitsrecht überwiegt. Das bedeutet, dass die Gerichte überprüfen, welche Gründe im Einzelnen für eine Veröffentlichung sprechen und welche dagegen.

Welche Schäden sind zu ersetzen?

Liegt eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, ist die handelnde Person dazu verpflichtet, alle entstehenden Schäden zu ersetzen. Diese müssen allerdings nachweislich auf die Handlung zurückzuführen sind – und hier liegt oft der Knackpunkt.

Der Nachweis konkreter Schäden ist mitunter schwer bis unmöglich. Wenn beispielsweise nach mehreren Posts im Internet Kund:innen ausbleiben, lässt sich kaum sagen, ob und welcher von diesen zu dem Umsatzrückgang geführt hat.

Tipp:
Dokumentieren Sie die Auswirkungen von Persönlichkeitsrechtsverletzungen gewissenhaft, um im Falle eines späteren Prozesses nachweisen zu können, was Sie durchmachen mussten.

In jedem Falle zu ersetzen sind die Anwaltskosten, die erforderlich waren, um die Belästigungen zu stoppen.

Geldentschädigung bei schwerer Rechtsverletzung

Es liegt auf der Hand, dass der Ersatz konkreter Schäden in schwerwiegenden Fällen nicht ausreicht. Hass, Mobbing und andere Formen übergriffigen Verhaltens verursachen psychische oder emotionale Schäden.

Derartige Belastungen können zwar durch Geld nicht beseitigt werden. Die Rechtsprechung erkennt Betroffenen aber trotzdem eine Entschädigung zu.

„Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht – anders als beim Schmerzensgeld – regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen“.

BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 – VI ZR 255/03

Ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung setzt voraus, dass

  • das Persönlichkeitsrecht schwerwiegend beeinträchtigt wurde (zu berücksichtigen sind hier Bedeutung und Tragweite des Eingriffes, Anlass, Beweggrund sowie das Verschulden), und
  • diese Beeinträchtigung nicht durch andere Maßnahmen (z. B. eine Richtigstellung oder eine Gegendarstellung) angemessen ausgeglichen werden kann.

Die Höhe der Geldentschädigung richtet sich dabei nach dem Einzelfall. Die Gerichte berücksichtigen dabei die Genugtuung für die verletzte Person und die Prävention künftiger Verletzungshandlungen.

Geldentschädigung: So entscheiden die Gerichte

EntscheidungFundstelle
10.000,00 €: Beleidigung durch Influencerin als „Arschloch“, „Hurensohn“, „Wichser“, „kleine Bitch“, „Wenn ihr schlechte Laune habt […] sucht den blonden Kerl und macht ihn fertig.“, „sone richtige kleine behinderte […]“, „den würde ich gerne mal aufs Übelste raten, diesen kleinen…rapen auch“.LG Düsseldorf, Urt. v. 17.04.2019 – 12 O 168/18
8.000,00 €: „Du Nutte“, „Du Kacke“ und „hat so nen ekligen Zellulitiskörper pfui Teufel“.LG Berlin, Urt. v. 13.08.2012 – 33 O 434/11
70.000,00 €: „Toller Name, wenn man ins Pornogeschäft einsteigen will.“OLG Hamm, Urt. v. 04.02.2004 – 3 U 168/03
10.000,00 €: „Was spricht für S.? Befreundete Journalistinnen haben bislang nur den G-Punkt als Pluspunkt feststellen können in der Spezialdemokratischen Partei der alten Männer“. (Reduzierung einer Frau auf ein Sexobjekt)LG Berlin, Urt. v. 16.12.2021 – 27 O 195/21.
6.000,00 €: Bildveröffentlichung mit sexualisierter Beleidigung bei Facebook.LG Frankfurt am Main, Urt. v. 02.12.2021 – 2-03 O 329/20
15.000,00 €: Rassistische Aussagen („N-Wort“) in den Tweets eines AfD-Abgeordneten gegenüber dem Sohn eines ehemaligen TennisprofisportlersLG Berlin, Urt. v. 15.01.2019 – Az. 27 O 265/18
10.000,00 €: „K. findet Kinderficken ok, solange keine Gewalt im Spiel ist“ (zudem Verbreiten weiterer nachweislich unwahrer Behauptungen und Falschzitate auf einem Onlineblog)LG Frankfurt am Main, Urt. v. 30.01.2020 – 2-03 O 90/19
23.000,00 €: Unbefugtes Einstellen intimer Aufnahmen mit Namen und Anschrift des ehemaligen Ehepartners auf einer weltweit abrufbaren Internettauschbörse.LG Kiel, Urteil vom 27.04.2006 – 4 O 251/05

So gehen Sie gegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen vor

Wenn Sie im Internet belästigt werden, sollten Sie schnell und zugleich überlegt handeln.

Wichtig ist zunächst, die Beweismittel zu sichern, insbesondere durch ausreichende Screenshots. In einem zweiten Schritt sollten die rechtswidrigen Inhalte beseitigt werden, um weitere Nachteile zu vermeiden.

Viele Täter:innen liegen falsch, wenn sie denken, ihnen könnte nichts passieren: Es gibt in vielen Fällen die Möglichkeit herauszufinden, wer hinter einem vermeintlich anonymen Account steckt. Daher sollten Sie überlegen, ob Sie einen Fachanwalt für Medienrecht anfragen, um alle Mittel auszuschöpfen. Aber auch Plattformen wie Facebook, Instagram, Twitter und TikTok können für Inhalte haften, wenn sie trotz eines Hinweises nicht unverzüglich tätig werden.

Gegenüber den Täter:innen bzw. Plattformen kann ein Anspruch auf Unterlassung in einem Eilverfahren durchgesetzt werden. Auch dies ist ein Grund, sich zu beeilen, denn ein entsprechender Antrag muss in der Regel innerhalb eines Monats ab Kenntnis von der Rechtsverletzung gestellt werden.

Schließlich können Sie die Täter:innen und ggf. auch die sozialen Netzwerke dazu auffordern, die entstandenen Schäden zu ersetzen und Ihnen eine Geldentschädigung zu zahlen. Sollte diese Aufforderung erfolglos bleiben, können Sie die Gegenseite auf Zahlung verklagen.

Dieser Beitrag wurde unter Mitarbeit von Rechtsreferendar Marvin Hubig verfasst.

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